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Italien und die E-Rechnung - Vorbild für Deutschland?

Zum Erfolg von Italien hat wesentlich die stufenweise Verpflichtung für Unternehmen beigetragen. In Deutschland gibt es zunächst nur eine Verpflichtung für Lieferanten des Bundes. Das Potenzial scheint also groß zu sein. Was kann Deutschland bei der E-Rechnung von Italien lernen?

Wir haben darüber mit Giuliano Marone, CEO der Archiva Group, gesprochen:

Signore Marone, was waren die größten Hürden und Herausforderungen für die Unternehmen und die Verwaltung bei der verpflichtenden Einführung der elektronischen Rechnung in Italien?

Italien ist ja nicht gerade als einer der Vorreiter bei der Digitalisierung und den Abrechnungsprozessen bekannt. Mit der Umsetzung der elektronischen Rechnung haben wir jedoch eine Vorreiterrolle in Europa eingenommen. Dies erfüllt uns mit Stolz. Natürlich gab es auch Herausforderungen, insbesondere die Verfügbarkeit klarer Regeln. Diese wurden im Zeitablauf weiterentwickelt, was zunächst zu großen Verunsicherungen geführt hat. Dementsprechend haben sich auch die verfügbaren Lösungen für die Umsetzung der Regularien erst mit fortschreitender Zeit entwickelt. Das hat sich gleichermaßen auf die Verwaltung und die Lieferanten ausgewirkt.

Einen Lieferanten interessiert prinzipiell nicht das Format oder die Regularien - er möchte wissen, mit welchen Lösungen er diese erfüllen kann und wie er seine Rechnungen gestellt und bezahlt bekommt. Für die Verwaltung: den Mitarbeitern ist lediglich wichtig, wie die eingehenden Rechnungen in Zukunft freizugeben sind. Die Beschreibung diverser Softwarelösungen ist dabei irrelevant. Für beide Seiten ist die volle Transparenz über die End-to-End-Prozesse und den Bearbeitungsstand der Rechnungen ein wichtiger Akzeptanzfaktor. So erwarten Lieferanten bei neuen Lösungen stets zu wissen, ob die Rechnungen angekommen sind und wann mit der Zahlung gerechnet werden kann.

Nun ist die Umsetzung ja verpflichtend eingeführt worden und dies nicht nur im Business-to-Government, sondern auch im Business-to-Business-Bereich, also für alle Lieferanten, vom Fliesenleger bis zum Großkonzern. Wie war die Reaktion der Lieferanten?

Liquidität ist ein zentraler Bestandteil für die Nachhaltigkeit und Stabilität eines Unternehmens. Natürlich bestand die Angst der Lieferanten in erster Linie darin, die gesetzliche Frist nicht einhalten und damit elektronische Rechnungen nicht rechtzeitig ausstellen zu können. Die Gefahr, die die Lieferanten hier sahen: Liquiditätsengpässe bis hin zu Existenzproblemen. Die Befürchtung der Unternehmen, in Zukunft nicht bezahlt zu werden, war in vielen Gesprächen und Diskussionen präsent. Gerade hier haben wir in der Kommunikation angesetzt und einfache Lösungen mit Fokus auf die Geschäftsprozesse gelegt.

Der Mensch und die Akzeptanz spielen bei allen neuen Technologien und der Digitalisierung eine wichtige Rolle. Unsere Projekterfahrungen zeigen, dass Unwissenheit auf Seiten der Anwender in diesem Zusammenhang ein bedeutender Faktor sein kann. Wie haben die öffentliche Verwaltung und die Dienstleister in Italien einen entsprechenden Know-how-Transfer gewährleistet?

Die Unternehmen müssen über verschiedene Wege und Partner informiert werden. Dabei sind ein Zusammenspiel und Schulterschluss zwischen der Regierung, den Anbietern und Fachverbänden essenziell. Neben Events und Seminaren sollten auch Webinare und Videos angeboten werden, die konkrete Umsetzungslösungen auch für "Nicht-Techniker" verständlich aufzeigen. Ich suche mir ein neues Auto ja auch nicht danach aus, wie der Motor im Detail funktioniert, sondern welche Funktionen es für mich erfüllt. Bei Invoicing-Lösungen steht zumeist die Einfachheit der Anwendung sowie eine Transparenz der Kosten im Fokus. Und da haben viele Anieter Nachholbedarf.

Ein Blick auf Deutschland zeigt zudem die Schwierigkeit einheitlicher Prozessstandards. Der aktuelle Flickenteppich in Deutschland, der aufgrund des föderalen Systems entstanden ist, ist eine große Hürde für die Akzeptanz.

Was waren konkrete Erfolgsfaktoren in Italien? Wie wurde das Thema in Italien angegangen und vor allem, was empfehlen Sie Deutschland, Herr Marone?

In Italien war die Übertragung der regulatorischen Verpflichtung auf alle Transaktionen, insbesondere für den B2B-Bereich und deren frühzeitige Ankündigung entscheidend. In Deutschland passierte die Ankündigung zwar frühzeitig, doch mit Einschränkungen. Da nur Rechnungen an die Bundesverwaltung verpflichtend sind, warten viele Unternehmen derzeit noch ab.

Zudem hat jedes Bundesland eigene Regeln und Prozesse - hier sind klare Vorschriften und proaktive Kommunikation aller Beteiligten notwendig: Verwaltung, Lieferanten, Dienstleister und Berater.

Daneben sind Best Practices und einfache Lösungen, die bildhaft dargestellt werden, wichtig. Es muss einfach sein, vielleicht sogar Spaß machen, eine Rechnung zu schreiben - vor allem wenn diese zeitnah gezahlt wird. Hinzu kommt die Integration in weitere Prozesse wie die Umsatzsteueranmeldung in Italien. Die Rechnung ist ja ein zentrales Instrument und hat konkrete Auswirkungen auf die Liquidität, die Beschaffung und die Compliance. Vor allem kleine und mittelständische Unternehmen sind mit Anreizen in ihrem Glück häufig zu gewinnen. Dies kann durch Fördergelder, Kooperationsprojekte oder priorisierter Zahlungsläufe erfolgen.

Lieber Herr Marone, wir bedanken uns für den Einblick und die Tipps und Tricks für die Umsetzung der elektronischen Rechnung in Deutschland und freuen uns auf viele spannende Diskussionen.

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